Zu einer sozial gerechten SP-Klima- und Energiepolitik gehören zwingend auch nachhaltige raumplanerische Konzepte in Sektoren wie dem Bauwesen. Zentral ist dabei der Wechsel hin zu mehr Kreislaufwirtschaft: Werden Gebäude länger genutzt statt abgerissen, können die enorme Verschwendung von Rohstoffen bei Neubauten und damit negative soziale und ökologische Auswirkungen vermieden und ein wichtiger Schritt in Richtung Energiewende gemacht werden.

von Cristina Zanini, SP-Stadträtin Lugano

Letzten Oktober hat der Parteitag der SP Schweiz in Basel den «10-Punkte-Plan für eine wirksame und sozial gerechte SP-Klima- und Energiepolitik» diskutiert und verabschiedet. Erarbeitet wurde er von der «Fachkommission Umwelt, Energie und Raumplanung» der SP. Mit einem Änderungsantrag meinerseits zu diesem umfangreichen Dokument wurde ein Hinweis auf die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen aufgenommen.

Leider schenkt die Politik der Tatsache wenig Beachtung, dass die CO2-Steuer die Auswirkungen der in Gebäuden enthaltenen grauen Energie nicht berücksichtigt. Reisst man bestehende Gebäude ab und baut neue auf, ist dies zwar weniger energieintensiv, stellt aber eine enorme Verschwendung von Rohstoffen dar. Zudem sind die sozialen und ökologischen Auswirkungen erheblich.

Die SP sollte deshalb mit Nachdruck fordern, dass die Raumplanung dahingehend geändert wird und das Bauwesen verstärkt auf nachhaltigere Konzepte setzt.

Schon die ehemalige SP-Präsidentin und Zürcher Stadträtin Ursula Koch hatte die Wichtigkeit dieses Themas erkannt. «Die Stadt ist gebaut. Sie muss nicht neu, sondern umgebaut werden, zu einem lebenswerten Zürich, mit hohen urbanen Qualitäten»[1], hielt sie 1988 fest. Was damals utopisch erschien, findet heute mehr Akzeptanz, kollidiert aber mit der Wirklichkeit. Als für den Hochbau zuständige Stadträtin weiss ich, dass die Energiewende nur langsam zu erreichen ist, vor allem wenn man bestehende Gebäude sanieren will. Oft reicht es nicht aus, nur Heizungen oder Fenster zu ersetzen – auch Fassaden und Dächer müssen mit grossen Investitionen saniert werden.  

Lieder berücksichtigen die geltenden Energievorschriften die in den Gebäuden enthaltene graue Energie nicht. So werden in der ganzen Schweiz bestehende, mietgünstige Gebäude, die noch in gutem Zustand sind, abgerissen und durch neue Wohnungen mit hohen Mietzinsen ersetzt – ein aus sozialer Sicht sinnloses Vorgehen. Als SP müssen wir darauf reagieren. Wir können uns beispielsweise Protestbewegungen wie dem Kollektiv Countdown 2030 anschliessen, das in Basel 2021 die Ausstellung «Die Schweiz – ein Abriss»[2] unterstützt hat.

Die CO2-Belastung durch den Bausektor ist hauptsächlich der Zementherstellung geschuldet. Diese Emissionen müssen drastisch reduziert werden: durch längere Nutzung von Gebäuden, mehr Recycling und weniger Abfall in der Bauwirtschaft. Darum müssen wir die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen unterstützen, ein Bereich, in welchem viele neue, interessante Arbeitsplätze geschaffen werden können.

Ich bin sehr erfreut darüber, dass der vom Parteitag in Basel verabschiedete 10-Punkte-Plan nun auch die Wichtigkeit der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen betont – ein Thema, das Klimaschutz mit Raumplanung, Berufsbildung und Wohnungspolitik zusammenbringt. Ich lade daher alle ein, den 10-Punkte-Plan so bald wie möglich in seiner oder ihrer eigenen Gemeinde, seinem oder ihrem Kanton umzusetzen und dabei immer die sozialen Perspektive im Blick zu behalten.


[1] https://www.espazium.ch/schlotterbeck-areal-editorial

https://www.espazium.ch/ursula-koch Bauen in Zürich: zwischen Utopie und Resignation

[2] https://countdown2030.ch/home/ https://www.sam-basel.org/de/ausstellungen/die-schweiz-ein-abriss