Quelle: eSPress Nr. 13, Beitrag von Nadine Masshardt
Eines vorweg: Die Waffenrechtsvorlage geht mir zu wenig weit. Es fehlt darin ein absolutes Verbot des Privatbesitzes automatischer und halbautomatischer Waffen. Die Anpassungen, über die wir am 19. Mai abstimmen, führen nicht zur vollständigen Registrierung aller Waffen und es werden auch keine obligatorischen psychologischen Tests für den Waffenkauf eingeführt. Die einzigen sicherheitsrelevanten Änderungen sind die Kennzeichnung aller wesentlicher Waffenbestandteile, damit deren Herkunft besser bestimmt werden kann; der verbesserte Informationsaustausch der Schengen-Staaten; und das «Verbot» sowie die Nachregistrierungspflicht von halbautomatischen Waffen mit grossem Magazin. Trotz „Verbot“ dürfen diese Waffen (z.B. das Sturmgewehr) freilich weiterhin im Schiesssport eingesetzt werden. Wer also aus beruflichen Gründen, als Sportschützin oder Jäger wirklich ein Sturmgewehr braucht, wird dieses auch nach der Anpassung unseres Waffenrechts an die neue Waffenrichtlinie der EU problemlos erhalten.
Warum ich dennoch hinter dieser zahnlosen Vorlage stehe? Der Kauf halbautomatischer Waffen muss zwingend an den Nachweis einer Sonderbewilligung geknüpft werden. Denn es ist eine traurige Tatsache: Die Wahrscheinlichkeit von Suizid sowie von tödlichen Familiendramen in Zusammenhang mit häuslicher Gewalt ist in Haushalten mit Schusswaffen deutlich höher.
Simples Fazit: Je weniger Waffen, desto weniger Tote. Das bestätigt auch ein Blick zurück: Jede Verschärfung des Waffenrechts hat bisher die Anzahl Schusswaffentoter gesenkt. Seit 1999 das Bundesgesetz in Kraft ist, konnte die Anzahl Schusswaffentoter von jährlich über 460 mehr als halbiert werden. Doch auch rund 200 Schusswaffentote sind noch zu viel.
Zudem ist unsere Vorlage kein Alleingang, sondern international abgestützt. Aufgrund neuer Bedrohungen (nicht zuletzt wegen der Terroranschläge 2015 in Paris) hat die EU eine neue Waffenrichtlinie ausgearbeitet. Als Schengen-Staat hatte die Schweiz dabei ein Mitspracherecht und brachte sich auch ein. Als Schengen-Staat haben wir uns bereit erklärt, solche Weiterentwicklungen zu übernehmen. Andernfalls scheiden wir innert sechs Monaten aus. Doch Schengen bringt uns handfeste Vorteile: Die systematischen Personenkontrollen an den Grenzen sind abgeschafft, die Schweiz hat einen direkten Zugang zum Schengener Informationssystem und das gemeinsame Schengen-Visum erleichtert den wichtigen Tourismus von ausserhalb Europas.
Am 19. Mai haben wir also die Wahl: Wollen wir den Alleingang in wichtigen sicherheitspolitischen Fragen? Oder wollen wir lieber unser Waffenrecht ein bisschen verbessern und weiterhin die zentralen sicherheitspolitischen Abkommen mit der EU bewahren? Und vor allem: Muss nicht schlicht alles unternommen werden, damit es weniger Schusswaffentote gibt? Darauf kann es nur eine deutliche Antwort geben: Ja zum Waffenrecht.
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