Rund alle zwei Wochen wird in der Schweiz eine Frau im familiären Umfeld getötet. Jede Woche überlebt eine Frau einen versuchten Feminizid. Diese Bilanz ist erschreckend und zeigt, dass Frauen in der Schweiz weiterhin einem grossen Risiko ausgesetzt sind. Das darf nicht sein: Frauen haben ein Recht auf ein Leben ohne Gewalt. Dies ist ein Grundstein für eine gleichberechtigte Gesellschaft. Die Politik muss dem Einsatz gegen Gewalt an Frauen endlich Priorität einräumen.

Um an die Frauen und als Frauen gelesenen Personen, die im Jahr 2022 ermordet wurden, zu erinnern, platzierten die SP Frauen Schweiz am heutigen Tag gegen Gewalt an Frauen für jede von ihnen ein Paar blutroter Schuhe auf der Treppe zur Bundesterrasse. Diese Aktion, die auf die mexikanische Künstlerin Elina Chauvet zurückgeht, findet im Rahmen der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen statt, welche dieses Jahr unter dem Fokusthema Feminizide stehen.

«Es ist wichtig, von Feminiziden zu sprechen, also von Morden an Frauen oder weiblich gelesenen Personen», sagt Martine Docourt, Co-Präsidentin der SP Frauen. «Immer noch wird zu häufig und gerade auch in den Medien beschönigend von Familiendramen gesprochen. Dies impliziert eine Mitschuld des Opfers und erweckt den Anschein, es handle sich um Einzelfälle.»

Zur konsequenten Bekämpfung und Prävention von Feminiziden sowie von häuslicher und geschlechterspezifischer Gewalt fordern die SP Frauen die Anerkennung von Feminizid als Straftatbestand sowie die statistische Erfassung solcher Taten. Weiter braucht es mehr finanzielle Mittel für Fachorganisationen – sowohl für die Prävention und die Opferhilfe wie auch für die Täterarbeit. Die unbefriedigende Situation zeigt sich in ungenügenden Angeboten für Personen mit Mehrfachdiskriminierung, finanziellen Engpässen bei Beratungsstellen für Opfer und Tatpersonen und nicht zuletzt in Berichten von Schutzunterkünften, die Gewaltbetroffene abweisen müssen.

«Jeder Feminizid ist einer zu viel», erklärt Tamara Funiciello, Co-Präsidentin der SP Frauen Schweiz. «Der Bundesrat muss geschlechtsspezifische Gewalt endlich priorisieren und resoluter dagegen vorgehen – und dafür auch das nötige Geld in die Hand nehmen.»

Feminizide sind keine isolierten Einzelfälle, sondern eine gesamtgesellschaftliche Problematik. Ursachen sind weiterhin fehlende Gleichberechtigung, stereotype Rollenbilder und toxische Männlichkeit. Aus diesem Grund fordern die SP Frauen auch den Ausbau von Beratungsstellen und Lernprogrammen für Tatpersonen sowie eine früh ansetzende Geschlechtersensibilisierung in den Schulen, welche traditionelle Männlichkeitsbilder und Geschlechterrollen von Anfang an zum Thema macht.

«Wenn wir das Problem an der Wurzel packen wollen, brauchen wir neue Konzepte von Männlichkeit. Denn Gewalt an Frauen ist in erster Linie ein Männerproblem», so Martine Docourt. «Der kürzlich erschienene Expert:innenbericht von Grevio zeigt für die Schweiz 59 Mängel in der Umsetzung der Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen auf. Diese Mängel möchten wir im Rahmen einer überparteilichen Frauenallianz nun entschieden angehen.»